Samstag, 6. November 2021

Klimawandel stört Beziehungen

Pflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen, und Bienen benötigen Nektar und Pollen. Wie sich der Klimawandel auf diese gegenseitige Abhängigkeit auswirkt, haben Wissenschaftlerinnen der Uni Würzburg untersucht. Ihre Erkenntnisse bestätigen eine US-amerikanische Forschungsarbeit, die ähnliche Ergebnisse erzielte - und die hier bereits vorgestellt worden ist.

© Universität Würzburg / Sandra Kehrberger

Höhere Durchschnittstemperaturen, wie sie mit dem Klimawandel einhergehen, können gravierende Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt haben, indem sie deren wechselseitige Abhängigkeiten stören: Während beispielsweise die gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) sehr empfindlich auf steigende Temperaturen reagiert und immer früher im Jahr blüht, reagiert einer ihrer wichtigsten Bestäuber – eine Wildbienenart – beim Schlüpfen nicht ganz so schnell. Das kann im Extremfall dazu führen, dass die Pflanze keine Samen ausbilden und sich nicht vermehren kann, während die Biene wegen des fehlenden Nahrungsangebots auf andere Pflanzen ausweichen muss.

Dieser Befund ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die Wissenschaftlerinnen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in der Fachzeitschrift Plos One veröffentlicht haben. Verantwortlich dafür sind Andrea Holzschuh vom Lehrstuhl für Zoologie und ihre Doktorandin Sandra Kehrberger.

"Wir haben den Einfluss der Temperatur auf zwei Frühlingsbienen-Arten sowie auf die Küchenschelle, eine der ersten blühenden Pflanzen, untersucht", beschrieb Kehrberger das Experiment. Die Wissenschaftlerinnen interessierten sich insbesondere dafür, wie sich unterschiedliche Winter- und Frühlingstemperaturen auf den Zeitpunkt des Schlupfes der Gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) und der Roten Mauerbiene (Osmia bicornis) sowie auf die Blütezeit der Küchenschelle auswirken.

Der zeitlichen Synchronisation beider Ereignisse – Schlupf und Blüte – kommt im Leben sowohl der Bienen als auch der Pflanze eine besondere Bedeutung zu: "Für Wildbienen ist der richtige Zeitpunkt des Schlupfes insbesondere im Frühling zu Beginn der Vegetationsperiode wichtig, da bereits eine kurze Zeitspanne ohne blühende Pflanzen und damit ohne Nahrung negative Folgen für das Überleben der Bienen und die Anzahl an Nachkommen haben kann", erklärte Andrea Holzschuh. Aber auch für Pflanzenarten, die zu Beginn der Vegetationsperiode blühen und auf die Bestäubung durch Wildbienen angewiesen sind, sei der richtige Zeitpunkt der Blüte von Bedeutung. "Ein Mangel an Bestäubern kann für sie und für ihren Reproduktionserfolg negative Folgen haben", ergänzte Sandra Kehrberger.

© Universität Würzburg / Sandra Kehrberger

Für ihre Studie platzierten die Wissenschaftlerinnen Bienenkokons auf elf Magerrasen in der Umgebung Würzburgs, auf sieben Magerrasen erforschten sie zusätzlich die Blüte der Küchenschelle. "Da sich die jeweiligen Magerrasen in ihrer Flächentemperatur unterschieden, konnten wir die Auswirkungen von höheren Temperaturen, wie sie auch im Rahmen des Klimawandels auftreten können, auf den Zeitpunkt der Blüte der Küchenschelle sowie den Schlupf der Mauerbienen untersuchen", sagte Kehrberger.

Das Ergebnis war eindeutig: Mit steigenden Temperaturen setzte die Blüte der Küchenschelle früher ein. Dem hinkte der Schlupfzeitpunkt der beiden Mauerbienen etwas hinterher. Damit besteht die Gefahr, dass die ersten Blüten der Küchenschelle in der Abwesenheit von geeigneten Bestäubern blühen. Dies könnte zu einem reduzierten Fortpflanzungserfolg und in der Folge auch zu einem Schwund der Pflanzenpopulation führen. Somit stellt der Klimawandel für die heimische Küchenschelle, die bereits als bedroht auf der Roten Liste geführt wird, eine weitere Gefährdung dar. Aber auch für die Wildbienen kann dieses zeitliche Auseinanderdriften eine Gefährdung darstellen, wenn sich dadurch die Verfügbarkeit von Nahrung verändert.

"Unsere Forschung zeigt, dass auch der Klimawandel eine Bedrohung für heimische Pflanzen- und Wildbienenarten darstellt, die bereits durch andere Faktoren, wie den Verlust an Lebensraum und die intensive Landwirtschaft unter starkem Druck stehen", schlussfolgerte Sandra Kehrberger. 

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