Dienstag, 31. August 2021

Waldbrände zerstören Existenz von Imkern

Den griechischen Imkern haben die gewaltigen Brände der vergangenen Wochen massiven Schaden zugefügt. Erhebungen zufolge sind mehr als 9.000 Bienenstöcke den Flammen zum Opfer gefallen. 

Vor allem auf der Insel Euböa, wo über 50.000 Hektar Fläche verbrannten und vor allem Pinienwälder betroffen waren, sind die Imker verzweifelt. "Die Zerstörung des alten Kieferwalds ist ein großer Verlust für die griechische Imkerei - und zwar für die nächsten 30 Jahre", sagte der Präsident des griechischen Imkerverbands, Vassilis Douras. Mindestens so lange werde der Wald brauchen, um wieder so dazustehen wie vor der Brandkatastrophe.

Aus der Region stammten zuvor rund 65 Prozent des jährlich gewonnenen griechischen Pinienhonigs. Der Fachmann prognostiziert einen Verlust von 5.000 Tonnen Honig und mehr pro Jahr und forderte für seine Branche Unterstützung vom Staat: "Bienen geben uns durch Bestäubung in der landwirtschaftlichen Produktion und Biodiversität viel mehr zurück, als sie den Imkern durch den Honig geben."


Auch in der Türkei war mit der Provinz Mugla eine Region voller Bienen von den Waldbränden betroffen. Mehr als 66.000 Hektar Fläche verbrannten dort. Die Erträge dürften Schätzungen zufolge um bis zu 80 Prozent einbrechen. Bis neu gepflanzte Pinien wieder für die Produktion von Honig geeignet seien, brauche es bis zu 25 Jahre, sagte Dogan Kantarci, Ökologieprofessor der Istanbul-Universität.

In Osmaniye, einem Ortsteil des Küstenorts Marmaris, lebten bisher fast nur Honigbauern. Sie haben ihre Existenz verloren, weil die Völker, die Pinienwälder und das gesamte Ökosystem von den Flammen vernichtet wurden. Einige stehen sogar ohne Obdach da. Die Regierung in Ankara hat zwar ein großes Wiederaufbauprogramm angekündigt, aber die zerstörte Vegetation kann sich nur langsam wieder erholen. Bis dahin müssen die Imker ihre verbliebenen Völker vermehren - denn sie hatten laut dem Verband zum Schutz der Bienen und der Umwelt Glück im Unglück. Wie Verbandschef Samíl Tuncay Bestoy erklärte, waren einige Wanderimker noch nicht nach Mugla zurückgekehrt, sondern hatten ihre Völker noch im inländischen Hochland stehen. So gebe es überhaupt noch Zuchtmaterial für den Wiederaufbau. 

Momentan sei das Hauptproblem, den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken, beklagte Bestoy weiter. Denn Dürren und hohe Temperaturen machten auch in von den Feuern verschonten Regionen den Trachtpflanzen das Leben schwer. So sehr, dass man die Imkerei in Anatolien bereits als gefährdet einstufe.

Samstag, 28. August 2021

Spezielle Bestatterinnen unter den Arbeiterinnen

Sie sind die Bestatterinnen der Bienenwelt: eine spezielle Gruppe von Arbeiterinnen, die Bienenstöcke nach toten Schwestern durchkämmt und sie in nur 30 Minuten im Dunkeln findet, obwohl die Verstorbenen noch nicht begonnen haben, typische Gerüche des Zerfalls zu verströmen. Etwa ein Prozent der Bienen im Stock geht dieser Aufgabe nach, und eine neue Studie könnte zeigen, wie sie das machen.

Ⓒ Stephan Krause

Wen Ping, Ökologe am Xishuangbanna Tropical Botanical Garden der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, hatte sich gefragt, ob eine bestimmte Art von Duftmolekül den Bestatterbienen helfen könnte, ihre verstorbenen Mitbewohnerinnen auszumachen. Ameisen, Bienen und andere Insekten sind mit Verbindungen bedeckt, die als kutikuläre Kohlenwasserstoffe (CHC) bezeichnet werden, die einen Teil der wachsartigen Beschichtung ihrer Epidermis - der glänzenden Teile ihres Exoskeletts - bilden und deren Austrocknung verhindern. Während die Insekten am Leben sind, werden diese Moleküle ständig in die Luft abgegeben und werden verwendet, um andere Bienenstockmitglieder zu erkennen.


Wen spekulierte, dass nach dem Tod einer Biene weniger Pheromone in die Luft freigesetzt wurden und ihre Körpertemperatur abnahm. Als er chemische Methoden zum Nachweis von Gasen einsetzte, um diese Hypothese zu testen, konnte er bestätigen, dass abgekühlte tote Bienen tatsächlich weniger flüchtige CHC emittieren als lebende Bienen. Wen entwarf eine Reihe von Experimenten, um zu sehen, ob die Bestatterbienen diese Veränderung bemerkten. Er testete seine These in fünf Bienenstöcken asiatischer Honigbienen (Apis cerana fabricius), einem kleinen, robusten Insekt, das in ganz Asien vorkommt, und begann, die Leichen der verendeten Honigbienen aufzuwärmen. Wenn er normale, kühle Kadaver in einem Bienenstock platzierte, entfernten die Arbeiterinnen sie immer innerhalb einer halben Stunde. Legte er die Biene jedoch in eine erhitzte Petrischale und erwärmte sie um einige Grad Celsius, dauerte es oft mehrere Stunden, bis die Bestatterinnen den toten Körper überhaupt bemerkten. Das liege vermutlich daran, dass der erwärmte Bienenkörper fast die gleiche Menge an CHC freisetzt wie eine lebende Biene, bilanzierte Wen.

Ⓒ Stephan Krause

Um ganz sicher zu gehen, wusch Wen im nächsten Schritt die Kohlenwasserstoffe mit Hexan, das Wachse und Öle auflösen kann, von toten Bienen, erhitzte sie auf etwa die Temperatur einer lebenden Biene und legte sie zurück in ihre jeweiligen Bienenstöcke. Die Bestatterinnen sprangen in Aktion und beseitigten innerhalb einer halben Stunde fast 90 Prozent der heißen, sauberen toten Bienen. Das deutet darauf hin, dass die Bestatterinnen nicht auf die Temperatur achteten, sondern mit dem Fehlen von CHC-Emissionen den Tod diagnostizieren.

"Ich denke, die Heizexperimente waren der coolste Teil dieser Studie", bilanzierte die Verhaltensökologin 
Jenny Jandt von der University of Otago im neuseeländischen Dunedin. Sie hatte selbst nicht an der Studie mitgearbeitet, wertete später aber die Daten aus. "Wens Ergebnisse sind ein starkes Argument dafür, dass eine Verringerung der Temperatur und eine Verringerung der kutikulären Kohlenwasserstoffe dazu führt, dass Bestatterinnen eine tote Biene als etwas wahrnehmen, das dringend aus dem Stock entfernt werden muss."

Ⓒ Stephan Krause

Das Erkennen des Todes sei jedoch ein komplexer Prozess, schränkte Yehuda Ben-Shahar, Entomologe an der Washington University in St. Louis ein. Er hielt weitere Forschungen für erforderlich, um Wens Behauptungen zu untermauern. "Die Studie ist ein guter Anfang. Es macht Sinn, dass es eine chemische Signatur einer toten Biene gibt, aber ich würde nicht sagen, dass wir jetzt genau wissen, was vor sich geht." Schließlich könnten Bienen zwar mit ihren Fühlern "riechen", aber auch mit ihren Füßen "schmecken", was ihre Wahrnehmung der toten Schwestern noch einmal verstärken könnte, gab Ben-Shahar zu bedenken.

https://www.sciencemag.org/news/2020/03/how-undertaker-bees-recognize-dead-comrades?fbclid=IwAR14outZoDS_XokWx3UUsTS87HWJTmtYBpI5BWwX1W7VXe6f117u6-hquqU

Dienstag, 24. August 2021

EU-Petition braucht noch Unterschriften


Das Umweltinstitut München und seine Mitstreiter brauchen bis 30. September noch 300.000 Unterschriften, um die EU-weite Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten" mit einem Komplettverbot von gefährlichen Ackergiften auf den Weg zu bringen. Seit dem Start der Initiative haben bereits 700.000 Menschen die Aktion unterstützt, aber nur wenn eine Million Unterzeichner zusammenkommen, müssen sich EU-Kommission und Europaparlament mit den Forderungen wirklich auseinander setzen.

Unter diesem Link kann die Petition - die inhaltliche Weiterentwicklung des bayerischen "Rettet die Bienen"-Volksbegehrens, weil auch die Bauern mit ins Boot geholt wurden, und die örtliche, weil jetzt ganz Europa an einem Strang ziehen soll - noch unterzeichnet werden. 

Samstag, 21. August 2021

Allergiker dürfen hoffen: Impfstoff gegen Bienengift in Entwicklung

Die meisten Menschen wurden wahrscheinlich schon von einer Biene gestochen. Während es für alle gleich schmerzhaft sein kann, ist es für manche besonders gefährlich - für diejenigen, die allergisch reagieren. Australische Forscher haben für die Betroffenen einen Impfstoff an einer Studie an Menschen abgeschlossen, der das Risiko einer schweren allergischen Reaktion auf europäische Honigbienenstiche ausschließen soll.


Die klinische Studie an der Flinders University und dem Royal Adelaide Hospital erforscht an 27 Erwachsenen mit einer Vorgeschichte von allergischen Reaktionen auf Bienenstiche das zuckerbasierte Serum namens Adjuvans, das in Australien entwickelt wurde und dem Körper helfen soll, Bienengift schneller zu neutralisieren.

Laut Professor Nikolai Petrovsky wurde mittlerweile über 1.000 Personen eine Reihe von Impfstoffen verabreicht, die mit Adjuvans verbessert wurden. "Unsere Technologie ist wie das Hinzufügen eines Turboladers zu einem Auto und macht in diesem Fall den Bienenallergie-Impfstoff viel leistungsfähiger, so dass das Immunsystem das Bienengift besser neutralisieren und allergischen Symptomen vorbeugen kann", erklärte Petrovsky die Wirkungsweise.

Durch die jüngste Studie an den 27 Allergikern sollten Erkenntnisse gewonnen werden, ob Adjuvans auch die Immuntherapie beschleunigen oder verbessern könnte. Sie erhalten dabei über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg mindestens 50 Injektionen, um ihr Immunsystem aufzubauen. Der Mediziner Anthony Smith überwacht die einzelnen Patienten: "Die derzeitige Behandlungsoption für schwere Bienengiftallergien ist langwierig und umständlich, daher hoffe ich, dass diese verbesserte Bienengifttherapie bei Allergikern einen schnelleren, aber länger anhaltenden Schutz vor Bienenstichen bietet."

Adjuvans Advax, das die Bienenstich-Impfstoffe verstärken soll, wurde in Adelaide entwickelt und wurde bereits zur Entwicklung von Impfstoffen gegen saisonale und pandemische Influenza, Hepatitis, Malaria, Alzheimer, Krebs und andere Krankheiten verwendet.

Dienstag, 17. August 2021

Studie: Wie Honigbienen stechen

Afrikanisierte (links) und westliche Honigbiene. Bild: USDA

Forscher der Universitäten Innsbruck und Konstanz haben aufgedeckt, wie Honigbienen ihre kollektive Verteidigung als Reaktion auf Fressfeinde organisieren. Ein danach in Innsbruck entwickeltes Computermodell soll nun dabei helfen, mögliche evolutionäre Triebkräfte zu identifizieren.

Fühlt sich ein Bienenvolk bedroht, sei es von einem Raubtier oder von einem Menschen, der dem Bienenstock zu nahekommt, starten die Bienen einen koordinierten Gegenangriff. Ein wichtiges Signal für Bienen, ist dabei das Vorhandensein eines Alarmpheromons, das sie an ihrem Stachel tragen. Beim Angriff wird dieses Pheromon verbreitet. Es informiert nicht nur über die Anwesenheit eines Angreifers, sondern auch über das Ausmaß des durch die Bienen eingeleiteten Gegenangriffs. "Je mehr Bienen den Eindringling gestochen haben, desto mehr Alarmpheromon wurde mit jedem Stich freigesetzt und desto höher ist dessen lokale Konzentration", erklärte Morgane Nouvian, Biologin aus Konstanz. Gemeinsam mit Andrea López-Incera vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck ist sie Erstautorin einer interdisziplinären Studie zum kollektiven Verhalten von Bienen.

Um zu verstehen, wie einzelne Bienen die Konzentration des Alarmpheromons nutzen, beobachteten die Wissenschaftler in Konstanz das individuelle Stechverhalten von Westlichen Honigbienen. Dabei wiesen sie zum ersten Mal unter kontrollierten experimentellen Bedingungen eine abnehmende Aggressivität bei hohen Pheromonkonzentrationen nach. "Eine mögliche Funktion dieses Stoppeffekts hoher Konzentrationen des Alarmpheromons könnte darin bestehen, das 'Überstechen' bereits besiegter Eindringlinge und damit unnötige Opfer unter den Arbeiterinnen zu vermeiden", mutmaßte Nouvian.

Bei sozialen Insekten, egal ob Honigbienen oder andere soziale Arten wie zum Beispiel Wanderameisen, kommt es häufig vor, dass Individuen ihr Handeln auf das Wohl und Überleben der Kolonie ausrichten. Aus diesem Grund wirken evolutionäre Selektionsprozesse bei diesen Insekten auch auf Gruppenebene anstatt auf Ebene des Individuums. "Normalerweise, wenn ein Organismus stirbt, kann er seine Gene nicht mehr an die nächste Generation weitergeben. In einem Bienenvolk ist jedoch die Königin für die Fortpflanzung zuständig. Wenn eine andere Biene bei der Verteidigung des Bienenstocks stirbt, die Königin dadurch aber gerettet wird, pflanzt sich das Bienenvolk weiter fort", verdeutlichte Nouvian. Da das Bienenvolk als ein einziger "Superorganismus" wirkt, kann das Verhalten der zugehörigen Individuen nur durch das kollektive Ergebnis, zu dem es beiträgt, verstanden werden.

Um die Evolution kollektiver Verhaltensweisen anhand der experimentellen Daten besser zu verstehen, verwendeten die Wissenschaftler ein agentenbasiertes Modell, in dem sie jedem "Agenten" (= Biene) einen sehr begrenzten Fundus an für das Abwehrverhalten relevanten Wahrnehmungen und Handlungen einräumten - etwa die Konzentration des Alarmpheromons und ein Signal, dass der Räuber flieht sowie bei den Handlungen, zu stechen oder nicht zu stechen. "Auf der Grundlage des von uns entwickelten Ansatzes haben wir ein Modell entworfen, das realistisch, aber nicht zu komplex ist", sagte Andrea López-Incera aus Innsbruck. "In unserer Computersimulation wurde jeder Agent nacheinander aufgerufen, den aktuellen Pegel des Alarmpheromons wahrzunehmen. Wenn eine 'Biene' daraufhin zusticht, erhöht sich die Konzentration des Pheromons und die Entscheidung der nächsten 'Biene' basiert dann auf einer neuen Pheromon-Konzentration."

Ein zweiter wichtiger Aspekt des Modells war, dass die Agenten lernfähig waren: Weder die Reaktionen der einzelnen Bienen noch die Regeln der Interaktion zwischen ihnen waren vorgegeben. Stattdessen entwickeln sie sich "evolutionär" über viele Zyklen der Simulation oder, anders ausgedrückt, über viele Generationen des Kollektivs. "Sind unter bestimmten Umweltbedingungen die Entscheidungen der einzelnen Agenten von Vorteil für das Kollektiv, werden sie positiv verstärkt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Generation unter identischen Bedingungen ähnlich handelt", verdeutlichte Andrea López-Incera. Insgesamt ermöglichte der agentenbasierte Ansatz durch dieses "bestärkende Lernen" auf Gruppenebene die Modellierung des beobachteten Verteidigungsverhaltens der Honigbienen sowohl aus der Perspektive der einzelnen Bienen als auch des Kollektivs.


Podcast: Interview (auf Englisch) mit Morgane Nouvian

So konnten die Forscherinnen mehrere Vorhersagen über den möglichen Einfluss verschiedener Umwelteinflüsse auf das Verteidigungsverhalten der Bienen machen. Zum Beispiel legten die Simulationen nahe, dass sich die Bienenvölker an den stärksten Räuber anpassen, dem sie begegnen. Das bedeutet, dass Bienenvölker, die vor allem auf schwache Räuber, wie Mäuse oder Kröten, treffen, bei hohen Pheromonkonzentrationen seltener stechen als Bienenvölker, die häufiger auf starke und schwer abzuschreckende Räuber wie Bären treffen.

Die Wissenschaftlerinnen wandten ihr Modell auch auf die wegen ihrer Aggressivität berüchtigten Afrikanische Biene an. Es wird vermutet, dass diese Unterart der Westlichen Honigbiene ihr hochaggressives Verhalten als Reaktion auf höhere Prädationsraten und hochspezialisierte, schwer abzuschreckende Raubtiere wie den Honigdachs entwickelt hat. Tatsächlich ergab die Simulation, dass Bienenpopulationen, die unter einer hohen Prädationsrate sowie robusten Räubern leiden, stärkere Verteidigungsreaktionen entwickeln als Populationen, bei denen dies nicht der Fall ist. 

In einem nächsten Schritt sollen nun empirische Daten von echten Bienen in Afrika gesammelt werden, um die Ergebnisse zu verifizieren. Ein weiteres Projekt für die Zukunft ist die Modellierung einer vielschichtigen Bienenpopulation. Generell ist der vorgestellte Modellierungsansatz sehr vielseitig und kann auf andere Verhaltensweisen oder auch Tierarten angewendet werden. Er stellt somit ein wertvolles neues Werkzeug für die Untersuchung der Evolution von Kollektivverhalten dar.

Quelle des Textes: https://www.uibk.ac.at/newsroom/stechen-oder-nicht-stechen.html.de

Samstag, 14. August 2021

Blumen verändern sich für Vögel - aber nicht für Bienen

Britische Forscher haben herausgefunden, dass Blumen sich über Generationen hinweg anpassen, um für bestäubende Vögel attraktiv zu sein, nicht aber für Bienen. Am Beispiel amerikanischer Fingerhüte fanden sie heraus, dass diese ihre lila Blüten auf die Bestäubung durch Kolibris ausrichteten. Innerhalb von nur 85 Generationen könne die Evolution neue Beziehungen zwischen Pflanzen und Bestäubern knüpfen, fanden die Wissenschaftler heraus.

Die auffälligen lila Blüten der Fingerhüte (Digitalis purpurea) stammten eigentlich aus Europa, wo sie von Hummeln bestäubt werden. Als Fans der Pflanze diese nach Amerika brachten, machten sie nicht nur Blumenliebhabern, sondern noch viel mehr Kolibris eine Freude. Die stürzen sich nämlich regelrecht auf den Nektar des Fingerhuts. 

Maria Clara Castellanos von der University of Sussex im britischen Brighton und ihre KollegInnen wiesen dies im Rahmen einer Studie nach, für die sie über 2.000 Fingerhutpflanzen in Großbritannien, Kolumbien und Costa Rica jeweils drei Minuten lang beobachtet und deren Bestäuber dokumentiert haben. Sie gewannen die Erkenntnis, dass Kolibris in Kolumbien und Costa Rica bis zu 27 Prozent der Fingerhüte bestäuben. Zugleich fanden sie heraus, dass die Blütenkrone - die langen lila Röhren, die Gärtner so sehr lieben - dort 13 Prozent bzw. in Costa Rica sogar 26 Prozent länger sind als die der britischen Fingerhüte.

Daraufhin stellten sich die Wissenschaftler die Frage, warum Fingerhüte sich überhaupt veränderten und längere Trichter ausbildeten. Als Antwort kristallisierte sich heraus, dass Pflanzen mit Blüten, die zu lang sind, als dass Hummeln ihren Nektar erreichen könnten, garantiert von Kolibris bestäubt werden. Und die Vögel zeigten sich bei der Verbreitung der Pollen wirksamer als die Wildbienen. Sie brachten mehr Pollen auf die nächste Blüte. Die längeren Trichter erleichterten den Kolibris den Zugang, und möglicherweise verbessern sie auch die Bestäubungsraten. Darüber hinaus haben Kolibris einen größeren Bewegungsradius als Bienen, was die Gefahr der Inzucht bei den Pflanzen verringert.

Quelle: https://www.nature.com/articles/d41586-021-00963-7

Dienstag, 10. August 2021

Wunder der Natur


Da schwebt sie herab
die Wespe -
summendes Wunder.

Ein Schlag mit
dem Buch
lässt sie verstummen.

Ich lese weiter:
Naturlyrik vom
Mittelalter bis zur Gegenwart.

                                   Axel Kutsch

aus: Naturgedichte von Reclam

Samstag, 7. August 2021

Bienen stellen ihre Ernährung nach Kontakt mit Pestiziden um

Honigbienen bevorzugen nährstoffreichere und abwechslungsreichere Nahrung, wenn sie zuvor einem Neonicotinoid ausgesetzt waren, das fanden Biologen der Universität Graz heraus, als sie die Wirkung von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf die Mobilität und die Nahrungsauswahl der Insekten untersuchten. Ganz eindeutig beeinflusst das Neonicotinoid Thiacloprid demnach die Futterauswahl der Insekten.


In den vergangenen Jahren wurden weltweit Bienenverluste verzeichnet: Die Zunahme von Monokulturen und damit die geringere Verfügbarkeit einer ausgewogenen Ernährung zählen mit zu den zentralen Ursachen. Eine mangelhafte Ernährung kann sich sowohl auf die Lebensdauer der einzelnen Bienen als auch auf die Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Krankheitserreger und Stressfaktoren auswirken. Die weltweit am häufigsten verwendeten Insektizide sind Neonicotinoide, die in allen Teilen der Pflanzen landen – einschließlich Pollen und Nektar. Das bedeutet aber auch, dass Bienen den neurotoxischen Verbindungen ausgesetzt sind, erklärten die österreichischen und finnischen Autoren der Studie. Die Wissenschaftler in Graz und den finnischen Städten Oulu und Helsinki hatten untersucht, wie die Exposition mit dem Neonicotinoid Thiacloprid und Ernährung zusammenspielen.

Thiacloprid ist zwar seit 2020 in der EU nicht mehr zugelassen. "Es ist aber nur ein Gift aus der großen Klasse der Neonicotinoide und wird nach wie vor weltweit eingesetzt", sagte Dalial Freitak vom Institut für Biologie der Universität Graz. Ihr Team hatte mehrere Bienenstöcke mit verschiedenen Nahrungsquellen gefüttert und setzte die Bienen anschließend nicht-tödlichen Dosen von Thiacloprid aus. Danach wurden drei verschiedene Arten von Honig und Pollen in getrennten Auswahltests angeboten und das Verhalten der Bienen aufgezeichnet. Es zeigte sich, dass die Pestizidbehandlung einen deutlichen Einfluss auf die Nahrungswahl hatte. Zur Auswahl standen eine 70-prozentige Zuckerlösung, sortenreiner Honig (monofloral) und Mischhonig (polyfloral) sowie in einem weiteren Durchgang unterschiedliche Pollen.

Jene Honigbienen, die nicht mit dem Pestizid in Kontakt gekommen waren, wählten stärker sortenreinen Honig. Bienen, die mit dem Pestizid behandelt wurden, bevorzugten jedoch eindeutig den polyfloralen Honig – und somit eine ausgewogenere und abwechslungsreichere Ernährung. "Vermutlich, weil er nährstoffreicher ist und eine stärkere Immunkompetenz und allgemeine Fitness ermöglicht", vermuteten die Wissenschaftler. Rasant zunehmende Monokulturen dürften es den Bienen also nicht leichter machen, die eigenen Abwehrkräfte zu stärken.


Auch als die Bienen zwischen polyfloralen, monofloralen Pollen oder einer Zuckerlösung wählen konnten, entschieden sich sowohl die behandelten als auch die unbehandelten Bienen für den polyfloralen Pollen. "Sie scheinen komplexere Lebensmittel zu bevorzugen, unabhängig davon, was sie zuvor hatten, wahrscheinlich aufgrund evolutionärer Anpassungen", vermuteten die Autoren. Frühere Studien hätten auch schon gezeigt, dass der Verzehr von Pollen mit hoher Diversität die Toleranz gegenüber Pestiziden verstärke, unzureichende Versorgung aber die Stressresistenz verringere.

In Bezug auf die Mobilität hing die Wirkung von Pestiziden von der vorherigen Nahrungsquelle ab: Es zeigte sich, dass die Pestizidbehandlung zu einer geringeren Mobilität der Bienen führte, die zuvor mit monofloralem Honig gefüttert wurden. Bienen, die eine Zuckerlösung bekamen, waren mobiler.

Dienstag, 3. August 2021

Studie mit masochistischem Anspruch: Student lässt sich stechen

Die Studie ist nicht ganz neu, aber bemerkenswert: Ein amerikanischer Student hat sich in einem Selbstversuch von einer Biene in diverse Körperteile stechen lassen, darunter auch in seinen Penis... Ziel war es, die Körperstelle zu finden, an der ein Bienenstich am meisten wehtut. Doch den ersten Platz belegte eine gänzlich andere Stelle als die eigentlich erwartete.



An der Cornell University in New York ließ sich der Student Michael Smith im Namen der Wissenschaft an insgesamt 75 Stellen absichtlich von Bienen stechen - unter anderem in Handflächen, Brustwarzen, Wangen und Po. Smith ließ sich täglich jeweils zwischen 9 und 10 Uhr morgens fünf Stiche setzen. Dafür nahm er je eine Biene mit einer Pinzette aus dem Käfig, hielt sie über die entsprechende Körperstelle, ließ sich stechen und entfernte die Biene nach fünf Sekunden. Der Stachel blieb noch für eine ganze Minute in der Haut. Die schmerzhafte Prozedur wiederholte er pro Körperstelle dreimal. Um den Schmerz vergleichen zu können, ließ sich Smith täglich auch in den Unterarm stechen. Danach bewertete der amerikanische Student die Schmerzen auf einer Skala von eins bis zehn.

Der Selbstversuch brachte die für Männer völlig überraschende Antwort, dass der Penis nicht die schmerzhafteste Körperstelle ist. Es sind die Nasenlöcher, die weitaus am empfindlichsten sind. 


Die Handfläche tut bei einem Stich schon ganz schön weh - diesen Schmerz bewertete Smith mit einer 7. Ein Stich am Penis wurde bei 7,3 eingeordnet. Rang zwei in der Schmerzskala nahmen die Lippen mit 8,7 ein, nur noch getoppt von den Nasenlöchern mit 9. Auf einen Versuch im Augapfel verzichtete Smith übrigens, da er die Gefahr zu erblinden dann doch fürchtete.

Grund für den bestechenden Selbstversuch ist eine Forschungslücke gewesen. So hatten Wissenschaftler bereits herausgefunden, dass Stiche des Tarantulafalken, einer spinnentötenden Wespe, die schmerzhaftesten sind, jedoch lieferten diese Untersuchungen keine Aussagen darüber, an welcher Körperstelle. Diese Lücke wollte Smith mit seiner Arbeit nun schließen.

"Wenn jemand anderer den Versuch durchführen würde, kämen vielleicht andere Körperregionen mit dem größten Schmerzempfinden dabei heraus", betonte Smith in New York. Seine Ergebnisse seien naturgemäß rein subjektiv, da jeder Mensch ein anderes Schmerzempfinden habe. Zudem verfüge auch nicht jeder über einen Penis...