Samstag, 7. August 2021

Bienen stellen ihre Ernährung nach Kontakt mit Pestiziden um

Honigbienen bevorzugen nährstoffreichere und abwechslungsreichere Nahrung, wenn sie zuvor einem Neonicotinoid ausgesetzt waren, das fanden Biologen der Universität Graz heraus, als sie die Wirkung von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf die Mobilität und die Nahrungsauswahl der Insekten untersuchten. Ganz eindeutig beeinflusst das Neonicotinoid Thiacloprid demnach die Futterauswahl der Insekten.


In den vergangenen Jahren wurden weltweit Bienenverluste verzeichnet: Die Zunahme von Monokulturen und damit die geringere Verfügbarkeit einer ausgewogenen Ernährung zählen mit zu den zentralen Ursachen. Eine mangelhafte Ernährung kann sich sowohl auf die Lebensdauer der einzelnen Bienen als auch auf die Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Krankheitserreger und Stressfaktoren auswirken. Die weltweit am häufigsten verwendeten Insektizide sind Neonicotinoide, die in allen Teilen der Pflanzen landen – einschließlich Pollen und Nektar. Das bedeutet aber auch, dass Bienen den neurotoxischen Verbindungen ausgesetzt sind, erklärten die österreichischen und finnischen Autoren der Studie. Die Wissenschaftler in Graz und den finnischen Städten Oulu und Helsinki hatten untersucht, wie die Exposition mit dem Neonicotinoid Thiacloprid und Ernährung zusammenspielen.

Thiacloprid ist zwar seit 2020 in der EU nicht mehr zugelassen. "Es ist aber nur ein Gift aus der großen Klasse der Neonicotinoide und wird nach wie vor weltweit eingesetzt", sagte Dalial Freitak vom Institut für Biologie der Universität Graz. Ihr Team hatte mehrere Bienenstöcke mit verschiedenen Nahrungsquellen gefüttert und setzte die Bienen anschließend nicht-tödlichen Dosen von Thiacloprid aus. Danach wurden drei verschiedene Arten von Honig und Pollen in getrennten Auswahltests angeboten und das Verhalten der Bienen aufgezeichnet. Es zeigte sich, dass die Pestizidbehandlung einen deutlichen Einfluss auf die Nahrungswahl hatte. Zur Auswahl standen eine 70-prozentige Zuckerlösung, sortenreiner Honig (monofloral) und Mischhonig (polyfloral) sowie in einem weiteren Durchgang unterschiedliche Pollen.

Jene Honigbienen, die nicht mit dem Pestizid in Kontakt gekommen waren, wählten stärker sortenreinen Honig. Bienen, die mit dem Pestizid behandelt wurden, bevorzugten jedoch eindeutig den polyfloralen Honig – und somit eine ausgewogenere und abwechslungsreichere Ernährung. "Vermutlich, weil er nährstoffreicher ist und eine stärkere Immunkompetenz und allgemeine Fitness ermöglicht", vermuteten die Wissenschaftler. Rasant zunehmende Monokulturen dürften es den Bienen also nicht leichter machen, die eigenen Abwehrkräfte zu stärken.


Auch als die Bienen zwischen polyfloralen, monofloralen Pollen oder einer Zuckerlösung wählen konnten, entschieden sich sowohl die behandelten als auch die unbehandelten Bienen für den polyfloralen Pollen. "Sie scheinen komplexere Lebensmittel zu bevorzugen, unabhängig davon, was sie zuvor hatten, wahrscheinlich aufgrund evolutionärer Anpassungen", vermuteten die Autoren. Frühere Studien hätten auch schon gezeigt, dass der Verzehr von Pollen mit hoher Diversität die Toleranz gegenüber Pestiziden verstärke, unzureichende Versorgung aber die Stressresistenz verringere.

In Bezug auf die Mobilität hing die Wirkung von Pestiziden von der vorherigen Nahrungsquelle ab: Es zeigte sich, dass die Pestizidbehandlung zu einer geringeren Mobilität der Bienen führte, die zuvor mit monofloralem Honig gefüttert wurden. Bienen, die eine Zuckerlösung bekamen, waren mobiler.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen