Samstag, 28. November 2020

Klimawandel bringt Bienen und Pflanzen aus Gleichgewicht


Unter Biologen, Ökologen und Meteorologen wächst die Sorge, dass der Klimawandel das Zusammenspiel von Bienen und Blumen stört. Die Tiere und die Pflanzen entwickelten sich ab dem frühen Frühling in unterschiedlichem Tempo, so dass das dynamische Duo im Jahresverlauf ökologisch immer asynchroner wird.

Eine neunjährige Studie des Rocky Mountain Biological Laboratory in Crested Butte im US-Bundesstaat Colorado untermauerte die Sorgen der Experten. Für die Erhebung war das Augenmerk auf die ökologischen Variablen gelegt worden, die jede Phase des Lebenszyklus der Honigbienen und ihrer wilden Schwestern bestimmen. Berücksichtigt wurden etwa die Höhenlage am Bienenstandort, ihre verschiedenen Winterquartiere unter und über der Erde sowie die unterschiedlichen Nahrungsangebote aus Pflanzen vom kleinsten Kraut bis zum höchsten Baum.

"Der wichtigste Faktor für den richtigen Beginn des Bienenjahrs war bei allen das Timing der Schneeschmelze", resümierte Michael Stemkovski, Ökologe an der Utah State University. Er hatte gemeinsam mit zehn Kollegen aus den USA und Kanada 23.742 einzelne Bienen von 67 Arten untersucht, die in Fallen an 18 Standorten in den Elk Mountains im Westen Colorados gefangen wurden.


Dabei sei festgestellt worden, dass die Bienen nicht ganz mit dem Wetter mithielten, erklärte Rebecca Irwin, Ökologin der North Carolina State University. Die Völker seien zum immer früheren Zeitpunkt der Schneeschmelze noch nicht ganz zum Ausfliegen bereit, sie hätten noch nicht die richtige Stockgröße erreicht, und die Flugbienen seien eindeutig noch zu jung gewesen. Die Bienen hinkten den Pflanzen eindeutig hinterher. Die Sorge um den Rückgang von Bestäubern müsse deshalb noch um die Sorge einer vom Klimawandel ausgelösten Asynchronität zwischen Bienen und Blumen ergänzt werden. 

Denn vom althergebrachten Jahresverlauf, in dem im November der Schnee fiel und erst im April schmolz, sei nicht mehr viel erkennbar. In den vergangenen Jahren sei der Schnee sehr viel später gefallen und immer früher geschmolzen. Auf der Basis der seit 39 Jahren in der Region dokumentierten Blühphasen schätzten die Forscher, dass die erste Blüte für jeden Tag, an dem die Schneeschmelze früher eintritt, etwa 0,8 Tage früher erfolgte. Der Zyklus der Bienenvölker lege aber nur um 0,49 Tage zu. Zugleich verschob sich das Timing der Sammlerinnen in Spitzenzeiten der Nahrungssuche auch nur um 0,49 Tage, und die Seneszenz des Stocks, also die Alterung, um nur 0,28 Tage.


Mathematisch ausgedrückt brauchen Bienenvölker nach der Schneeschmelze 55 Prozent mehr Zeit zum Ausfliegen als die ersten Pflanzen zum Erblühen. Die volle Stockgröße liegt zum Zeitpunkt der ersten Massentracht 67 Prozent und zur zweiten Massentracht 93 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Die Tendenz für Überschneidungen falle, warnten die Forscher. Daher bleibe den Bestäubern und Pollenproduzenten nicht mehr viel Zeit, um sich wieder zu synchronisieren. Angesichts der rapide zunehmenden Erderwärmung blieben aber wohl viele Bienenarten auf der Strecke. Das symbiotische Gleichgewicht der Natur sei bereits aus den Fugen geraten.

https://www.rmbl.org

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