Samstag, 8. Januar 2022

Bienen beherrschen höhere Mathematik

Britische Wissenschaftler der Universität von Sheffield haben herausgefunden, dass Bienen nicht nur einfache, sondern auch höhere Mathematik beherrschen. Beim Nektarsammeln wenden die Tiere zahlreiche stochastische Regeln an, um die Ausbeute zu maximieren.


Schon seit einiger Zeit war bekannt, dass Bienen Zahlen unterscheiden und einfache Rechenaufgaben lösen können, obwohl sie nur über ein stecknadelkopfgroßes Gehirn verfügen. Jetzt fanden Forscher um den IT-Spezialisten HaDi MaBouDi heraus, dass sie auch Wahrscheinlichkeitsrechnungen anstellen, um sich bei der Futtersuche für die vielversprechendste Blüte zu entscheiden.

Methodisch präsentierten die Forscher Bienen bunte Scheiben in fünf verschiedenen Farben an. Je nach Farbe enthielten die Scheiben unterschiedlich häufig einen Tropfen Zuckerwasser oder einen Tropfen bittere Flüssigkeit, die den Bienen unangenehm war. In einer Trainingsphase erhielten die Bienen die Gelegenheit, die Belohnungswahrscheinlichkeiten der jeweiligen Farben auszutesten. Dazu ließen sie sie jeweils zwei Farben mit unterschiedlicher Erfolgsquote gleichzeitig ausprobieren.

Vorab rechneten die Forscher mit zwei unterschiedlichen Vorgehensweisen der Tiere: Eine wäre es, ausschließlich die Farbe mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit zu wählen. Dafür müssten die Bienen die Farben nach ihren Erfahrungen in eine Rangfolge einordnen. Die zweite wäre es, die vielversprechendste Farbe zwar am häufigsten zu wählen, aber auch andere Farben immer wieder auszuprobieren. In diesem Fall müssten die Bienen die Farben nicht vergleichen, sondern sich für jede Farbe die Erfolgswahrscheinlichkeit merken.

Der Praxistest ergab, dass Bienen die zweite Strategie verfolgen. Das galt sowohl für bekannte Farbkombinationen aus der Trainingsphase, als auch für Farben, die die Bienen im Training nur in Kombination mit anderen Farben, aber nicht miteinander erlebt hatten. Dadurch war den Wissenschaftlern klar, dass Bienen keine Rangfolge der Farben erstellen, sondern tatsächlich für jede einzelne Farbe die Wahrscheinlichkeit einer Belohnung hochrechnen. Die Strategie gilt als kognitiv weniger aufwändig, kann aber bessere Ergebnisse liefern. Denn wenn Wahrscheinlichkeiten von vornherein bekannt und unveränderlich sind, ist es am erfolgversprechendsten, immer die Blütenart zu wählen, die am ehesten eine Belohnung bereithält. Wenn aber erst während des Sammelflugs erkundet wird, wo am meisten Nektar angeboten wird, ist es sinnvoll, das Sammeln an vielversprechenden Blüten mit der Erforschung neuer Quellen zu kombinieren.



Um ihre Theorie zu untermauern, modellierten die Forscher am Computer ein neuronales Netz, das das Lernzentrum im Gehirn der Bienen imitiert. Sie trainierten dieses neuronale Netz mit der gleichen Kombination aus positiver und negativer Verstärkung, die sie zuvor mit Hilfe von Zuckerwasser und bitterer Flüssigkeit bei den Bienen eingesetzt hatte. Im Anschluss sollte es die gleichen Aufgaben lösen.

Und tatsächlich: Die Ergebnisse waren denen der echten Bienen sehr ähnlich. Ein Ranking der verschiedenen Stimuli ist demnach tatsächlich nicht notwendig, um das Verhalten der Insekten nachzubilden. Es genügt, anhand von Verstärkungslernen die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten isoliert zu betrachten. Mit sehr simplen kognitiven Methoden gelingt es Honigbienen demnach, sich in komplexen Entscheidungssituationen optimal zu verhalten. 

https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rspb.2020.1525

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