Mehr als 80 Prozent der Urinproben, die Kindern und Erwachsenen in einer US-Gesundheitsstudie entnommen wurden, haben Glyphosat, eine mit Krebs in Verbindung stehende Chemikalie zur Unkrautvernichtung, enthalten. Eine Erkenntnis, die Wissenschaftler als beunruhigend und besorgniserregend bezeichneten.
Die Untersuchung des Zentrums für Seuchenkontrolle und Prävention/CDC ergab, dass von 2.310 Urinproben, die Amerikaner abgegeben hatten, die repräsentativ für die gesamte US-Bevölkerung ausgewählt worden waren, nachweislich 1.885 mit Glyphosat versetzt waren, dem weltweit unter anderem als Roundup verkauften Herbizid. Fast ein Drittel der Studienteilnehmer waren Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren.
Während Akademiker und Forschende aus der Wirtschaft seit Jahren bereits hohe Konzentrationen von Glyphosat in menschlichem Urin nachgewiesen hatten, begann die CDC erst kürzlich damit, das Ausmaß der menschlichen Exposition in den USA zu untersuchen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von Glyphosat sind umstritten, und der erste CDC-Bericht spart völlig aus, was die festgestellten Werte für die menschliche Gesundheit bedeuten. Die Bestätigung der bislang nicht kommentierten Arbeit von staatlicher Seite kommt jedoch zu einer Zeit wachsender Bedenken und Kontroversen darüber, wie sich Pestizide in Lebensmitteln und Wasser auf die Gesundheit von Mensch und Umwelt auswirken.
"Ich gehe davon aus, dass die Erkenntnis, dass die meisten von uns Glyphosat im Urin haben, viele Menschen beunruhigen wird", sagte Lianne Sheppard, Professorin an der Abteilung für Umwelt- und Arbeitsmedizin der University of Washington. Dank der neuen Forschung "wissen wir, dass ein großer Teil der Bevölkerung es im Urin hat. Viele Leute werden darüber nachdenken, ob sie dazu gehören." Sheppard war Mitautorin der Analyse von 2019 über Menschen, die stark Glyphosat ausgesetzt waren, die zu dem Schluss kam, dass es einen "zwingenden Zusammenhang" zwischen Glyphosat und einem erhöhten Risiko für Non-Hodgkin-Lymphom gibt, und ebenso Mitautorin einer wissenschaftlichen Arbeit aus dem Jahr 2019, in der 19 Studien zur Dokumentation von Glyphosat in menschlichem Urin überprüft wurden.
Sowohl die Menge als auch die Prävalenz von Glyphosat in menschlichem Urin seien seit den 1990er-Jahren stetig gestiegen, als Monsanto Co. gentechnisch veränderte Pflanzen einführte, die direkt mit Roundup besprüht werden sollten, hielten Forscher der University of California San Diego School of Medicine in einer 2017 veröffentlichten Studie fest. Chefautor Paul Mills sagte damals, es bestehe "dringender Bedarf" an einer gründlichen Untersuchung der Auswirkungen von Glyphosat auf die menschliche Gesundheit in Lebensmitteln, die die Menschen üblicherweise konsumieren.
Über 100.000 Tonnen Glyphosat werden jährlich von US-Landwirten auf ihren Feldern verwendet. Das Unkrautvernichtungsmittel wird direkt über gentechnisch veränderte Pflanzen wie Mais und Sojabohnen und auch über nicht gentechnisch veränderte Pflanzen wie Weizen und Hafer als Trockenmittel gesprüht, um die Pflanzen vor der Ernte auszutrocknen. Viele Landwirte verwenden es auch vor der Vegetationsperiode auf den Feldern, unter ihnen Spinatbauern und Mandelproduzenten. Es gilt als das am weitesten verbreitete Herbizid der Geschichte.
Glyphosatrückstände wurden in einer Reihe beliebter, aus damit behandelten Pflanzen hergestellten Lebensmittel dokumentiert, einschließlich Babynahrung. Der primäre Expositionsweg für Kinder ist die Nahrung. Monsanto und sein Mutterkonzern Bayer behaupten, dass Glyphosat- und Roundup-Produkte sicher sind und dass Rückstände in Lebensmitteln und im menschlichen Urin kein Gesundheitsrisiko darstellen. Sie stehen damit jedoch im Widerspruch zu vielen Forschern und der International Agency for Research on Cancer, einer Einheit der Weltgesundheitsorganisation, die Glyphosat 2015 als wahrscheinliches menschliches Karzinogen einstufte.
"Menschen jeden Alters sollten sich Sorgen machen, aber ich mache mir besonders Sorgen um die Kinder", sagte Phil Landrigan, der jahrelang bei der CDC und der US-Umweltbehörde EPA gearbeitet hat, die Glyphosat aber als harmlos einstuft, und jetzt das Programm für globale öffentliche Gesundheit und das Gemeinwohl am Boston College leitet. "Kinder sind Pestiziden stärker ausgesetzt als Erwachsene, weil sie Pfund für Pfund mehr Wasser trinken, mehr essen und mehr Luft atmen. Außerdem haben Kinder noch viele Jahre Leben vor sich, in denen sie Krankheiten mit langen Inkubationszeiten wie Krebs entwickeln können. Dies ist insbesondere bei dem Herbizid Glyphosat ein Problem."
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