Samstag, 12. März 2022

Wie viel Hirn haben Bienen im Köpfchen?


Von Honigbienen über Hummeln bis zu Solitärbienen: Man könnte annehmen, dass unter den zahlreichen Vertretern der Bienenfamilie die sozial lebenden Arten besonders große Gehirne besitzen. Doch wie eine Studie zeigte, gibt es diese Verknüpfung nicht. Wie viel Bienen im Köpfchen haben, ist dagegen mit ihrer Ernährung verbunden. Demnach haben Bienenarten, die auf bestimmte Blüten spezialisiert sind, im Vergleich zu Generalisten größere Gehirne. Wie die Forscher erklärten, könnten die unterschiedlichen Lebensweisen mit speziellen Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten verbunden sein, aus denen sich die verschiedenen Hirngrößen ergeben.

Allerdings ist noch unklar, ob bestimmte Regeln, die sich bei Wirbeltieren abzeichnen, auch für Insektengehirne gelten. So geht man etwa davon aus, dass eine soziale Lebensweise meist mit der Entwicklung von großen Gehirnen verbunden ist. Das Paradebeispiel dafür ist der Mensch. Ebenso scheinen bei der Lebensweise von Wirbeltieren weitere kognitive Anforderungen mit verhältnismäßig großen Gehirnen verknüpft zu sein. Dabei zeichnet sich etwa ab, dass Arten mit einem breiten Nahrungsspektrum eher mehr im Köpfchen haben als solche, die nur auf bestimmte Ressourcen spezialisiert sind. Ein Grund dafür können die größeren Herausforderungen sein, die beim Umgang mit verschiedenen Nahrungsquellen auftreten.

Vor diesem Hintergrund sahen sich die Forscher um Ferran Sayol von der Universität Göteborg die Zusammenhänge zwischen Gehirngrößen und Lebensweisen bei Bienen an. Das Interessante dieser Hautflügler ist, dass es unter den weltweit Tausenden von Arten soziale, also staatenbildende Bienen wie die Vertreterinnen der Honigbienen und Hummeln gibt, aber auch viele solitär lebende Spezies. Darüber hinaus umfasst diese Insektengruppe sowohl Generalisten als auch Spezialisten: Manche besuchen nur die Blüten bestimmter Pflanzenarten, andere zeigen sich dagegen nicht wählerisch. Im Rahmen ihrer Studie erfassten die Wissenschaftler deshalb zunächst die Gehirngrößen sowie die Körpermerkmale und Lebensweisen von 93 Bienenarten systematisch. Diese Daten kombinierten sie anschließend, um mögliche Prinzipien bei der Varianz der Gehirngrößen aufzudecken.


Als erstes wurde zunächst eine grundlegende Gemeinsamkeit mit den Wirbeltieren deutlich: Größere Arten haben auch größere Gehirne. Worauf es ankommt, ist offenbar auch bei Bienen das Verhältnis. So rechneten die Forscher diesen Faktor aus den Daten heraus. Anschließend zeichneten sich die Unterschiede in der relativen Gehirngröße zwischen den untersuchten Arten ab. Die Vergleiche mit den Lebensweisen der unterschiedlichen Arten ergaben dann, dass das Leben im Sozialverband bei Bienen eher nicht mit einem besonders großen Gehirn zusammenhängt. Auch die Generalisten unter diesen Insekten hatten nicht auffallend viel im Köpfchen. 

Überraschend stellte sich dagegen heraus, dass solitär lebende Arten, die auf bestimmte Nahrungsquellen spezialisiert sind, vergleichsweise große relative Gehirnmassen aufweisen. Die Wissenschaftler erklärten sich dies mit der Tatsache, dass die Spezialisten sich bei der Nahrungssuche verstärkten kognitiven Herausforderungen stellen müssen. Sie müssten sich etwa intensiver Ortsmarken einprägen, um den Weg zu ihren Nahrungspflanzen zu finden. Bei Wirbeltieren benötigten dagegen die Generalisten erhöhte kognitive Kapazitäten, um den Umgang mit verschiedenen Samen, Früchten oder Beutetieren bewältigen zu können. "Deshalb kann es sein, dass die an Wirbeltieren erforschte Theorie, wonach Generalisten größere Gehirne brauchen, bei Bienen nicht zutrifft", schrieben Sayol und seine Kollegen.

Zu einem letzten Schluss kamen die Forscher dagegen nicht. Sie konnten lediglich festhalten, dass es noch riesigen Forschungsbedarf zu den Merkmalen der Gehirne von Insekten gebe, um herauszufinden, welche evolutionären Treiber die Entwicklungen der unterschiedlichen Gehirngrößen bei Bienen und Co prägten.

https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rspb.2020.0762

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