Samstag, 26. März 2022

Bienen bekämpfen Hornissen mit Mist

Asiatische Honigbienen sammeln Tierkot und kleben ihn an den Eingang ihrer Stöcke, um sich vor Riesenhornissen zu schützen. Das fanden Forscherinnen des Wellesley Colleges im US-Bundesstaat Massachusetts heraus. Sie interpretierten das Verhalten als den ersten Nachweis eines Werkzeuggebrauchs bei Bienen.



Die in Asien verbreitete Honigbiene Apis cerana gilt als wehrloses Opfer, wenn es die Riesenhornisse Vespa soror auf sie abgesehen hat. Durch Masseninvasionen vernichten die Jäger dort ganze Bienenvölker. Dafür markieren Späher der ebenfalls staatenbildenden Raubinsekten Zielvölker durch Duftstoffe und greifen dann geschwaderartig an. Die Hornissen überwältigen die Wächterinnen am Stockeingang und machen sich letztlich über die gesamte Brut her.

Dass die Bienen mit ihren Stacheln nur wenig ausrichten können, war schon zuvor bekannt. Auch dass sie versuchen, die einzelnen Späherhornissen zu erwischen und sie gemeinsam in den Schwitzkasten nehmen, um sie durch hohe Temperaturen zu töten, war bereits wissenschaftlich dokumentiert. Aber die Forscherinnen um Heather Mattila entdeckten eine weitere Verteidigungsstrategie, die nicht alltäglich erscheint.

Den Anstoß zur Studie lieferte eine Beobachtung der Studentinnen des Frauen-Colleges im Rahmen von Untersuchungen bei Imkern in Vietnam: Ihnen fielen Flecken an den Eingängen der Bienenkästen auf. Den Einheimischen zufolge handelte es sich um Tierdung, und sie brachten dieses Material auch bereits mit Hornissenangriffen in Verbindung. Deshalb beschlossen die Studentinnen, das Phänomen wissenschaftlich zu erforschen. Sie sammelten zunächst Mist von Wasserbüffeln, Hühnern, Schweinen und Kühen und platzierten diesen in Haufen in der Nähe von Versuchsbienenstöcken. Das Team markierte einzelne Bienen, um sie identifizieren zu können, und zeichnete Videos von den Vorgängen an den Misthaufen und an den Stockeingängen auf. Dabei fand es heraus, dass die Bienen bevorzugt den besonders stark riechenden Mist von Schweinen und Hühnern aufsammelten. Sie transportierten Teile davon zum Stock und platzierten sie sorgfältig auf den Oberflächen rund um den Eingang.

Anschließend nahmen die Forscherinnen das Verhalten der Hornissen ins Visier. "Je intensiver der Eingang eines Bienenstocks mit den Fäkalien übersät war, desto seltener hielten sich dort Raubinsekten auf", fasste Mattila zusammen. Derart gerüstete Stöcke seien auch deutlich seltener einem der verheerenden Massenangriffe der Hornissen ausgesetzt gewesen. In verschiedenen Versuchsreihen kristallisierte sich zudem heraus, dass die Bienen bei häufigeren Besuchen der Raubinsekten für immer mehr Kotbarrikaden sorgten. Durch den Kontakt mit einer deutlich weniger gefährlichen Wespenart wurde dieses Verhalten dagegen nicht ausgelöst.

Ursächlich für die Verteidigungsstrategie ist offenbar ein Pheromon, mit dem die Späherhornissen ihren Zielstock markieren. Sobald dieser Stoff am Eingang der Beute appliziert worden war, trugen die Bienen mehr Mist auf. Ob der Fäkalgeruch nur den Markierungsstoff überdeckt oder die Hornissen direkt abschreckt, bleibt in weiteren Untersuchungen noch zu klären, wie Heather Mattila resümierte. Sicher sei nur, dass die Wahrscheinlichkeit eines Hornissenüberfalls drastisch abnahm. 


Die Wissenschaftler interpretierten das Verhalten nun als ersten Nachweis von Werkzeuggebrauch bei Honigbienen. "Der Forschungsbetrieb ist sich nicht einig, inwieweit man bei Insekten überhaupt von Werkzeuggebrauch sprechen kann“, sagte der Mitautor der Studie, Gard Otis von der University of Guelph im kanadischen Ontario. Er selbst und seine Kolleginnen sahen im aktuellen Fall die allgemein gültigen Kriterien erfüllt: "Um sich als Werkzeugbenutzer zu qualifizieren, müssen Tiere unter anderem ein Objekt aus der Umgebung verwenden - in diesem Fall den Mist. Die Bienen benutzen das Material eindeutig, um den Stock gezielt zu verändern. Zusätzlich zur Anforderung, das Werkzeug zu halten oder zu manipulieren", erklärte Otis. Seine Kollegin Mattila ergänzte: "Schon allein das Sammeln von Mist ist etwas komplett Neues im Bienenverhalten." Zwar suchten die Arbeiterinnen routinemäßig nach Materialien, die von Pflanzen produziert würden - Nektar, Pollen oder Harz -, aber bisher sei noch nie dokumentiert worden, dass Bienen feste Materialien aus anderen Quellen zusammentrugen. 

Mattila und Otis zeigten sich überzeugt, dass die Entdeckung weit reichende Bedeutung haben wird. Schon jetzt lasse sie den Schluss zu, dass die europäische Honigbiene Apis mellifera, die auf eine ausgeprägte Stockhygiene und peinliche Sauberkeit gezüchtet worden war, deshalb bei der Invasion der Asiatischen Hornissen dem Untergang geweiht sei.

University of Guelph, Wellesley College, PLOS ONE,doi:10.1371/journal.pone.0242668

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