Samstag, 19. Dezember 2020

Bienen mögen exotische Snacks

Bienen mögen laut einer aktuellen Studie gerne exotische Snacks. Pollen und Nektar aus nicht heimischen Pflanzen werden zu bestimmten Zeiten sogar vermehrt angeflogen, fanden die Biologen Nicola Seitz von der Universität Würzburg, Sara Leonhardt von der TU München und Dennis van Engelsdorp von der University of Maryland (USA) in einer zweijährigen Studie heraus.

Bild: Mina-Marie Michell/Pexels

Die Forscher wollten herausfinden, ob es für die Bienen einen Unterschied macht, ob in den Saatgutmischungen für bienenfreundliche Blumenwiesen heimische oder exotische Pflanzen enthalten sind. - Weil auf der Suche nach pollen- und nektarreichen Pflanzen in den Blühmischungen oft die Herkunft in den Hintergrund rückt. So landen in einer Saatgutmischung durchaus Pflanzen aus vielen verschiedenen Ecken der Welt: neben der europäischen Margerite blüht dann der amerikanische Sonnenhut, asiatische Anemonen oder das Kaukasusvergissmeinnicht. Würden die Bienen heimische Nahrungsquellen den nicht-heimischen, also exotischen, vorziehen? Oder ist ihnen die Quelle egal, Hauptsache viel Pollen oder Nektar. Bisherige Studien hatten teils widersprüchliche Ergebnisse zur Attraktivität von exotischen Pflanzen für bestäubende Insekten geliefert, insofern ließen die Erkenntnisse keine Rückschlüsse auf gezielt bienenfreundliche Pflanzen zu.

Für die Studie wurden auf Ackerland im US-Bundesstaat Maryland drei Experimentflächen mit identischem Aufbau angelegt. Jede Fläche enthielt zwei 100 Quadratmeter große quadratische Felder. In einem wurde eine Mischung aus für Maryland heimischen bienenfreundlichen Pflanzen gesät, im anderen exotische bienenfreundliche Pflanzen. Beide Saatgutmischungen enthielten jeweils 20 Wildblumenarten und zwei Arten Gräser. 

Bild: Caroline Roepers/Pexels

Sobald die Wiesen in Blüte standen, verfolgten die Biologen die Bienenaktivität. Zwei Jahre lang wurde genau protokolliert, welche Bienen zu welcher Tages- und Jahreszeit welche Pflanzen besuchten. Zugleich wurden Bienen inklusive ihrer Pollenhöschen zur Identifizierung der Bienenart und der Pollenbestimmung ins Labor geschickt. Insgesamt 1.708 Bienenbesuche wurden genau ausgewertet. 

Ergebnis: Die exotischen Pflanzen schnitten mit ihrer Anziehung auf die Bienen nicht schlechter ab als heimische Pflanzen. Im Gegenteil: Im Frühjahr besuchten sogar mehr Bienen die fremden Pflanzen. Auch die Anzahl der Arten von Bienen war im Frühjahr und Herbst höher bei den exotischen Pflanzen. Je nach Saison wirkten sie damit entweder ähnlich attraktiv oder sogar noch anziehender als die heimische Flora. Darüber hinaus war die Bienengemeinschaft, also die Gesamtheit aller Bienen, auf diesen Pflanzen insgesamt vielfältiger. Sie überstieg die 49 auf heimischen Pflanzen gefundenen Arten um weitere 14 Arten. 

Das warf die Frage auf, ob es auf den exotischen Pflanzen lediglich ein paar zusätzliche Bienenarten gab oder es sich um eine ganz andere Zusammensetzung der Bienengemeinschaft handelte. Tatsächlich waren es unterschiedliche Gemeinschaften, die heimische oder exotische Pflanzen besuchten. Es gab teilweise andere Arten und übereinstimmende Arten kamen in anderen Häufigkeiten vor. Die Bienenbesucher beider Pflanzentypen der Studie waren fast ausschließlich sogenannte Generalisten. Diese Bienen sind flexibel in ihrer Blütenwahl und können sich von vielen verschiedenen Pflanzen ernähren. Obwohl flexibel, gingen Bienen auf ihrer Nahrungssuche bei den heimischen Pflanzen allerdings deutlich selektiver vor als bei den exotischen. Bienenarten mit einem höheren Spezialisierungsgrad besuchten vor allem heimische Pflanzen.


Bei näherer Untersuchung von fünf Bienenarten, die Nektar und Pollen von heimischen und exotischen Pflanzen sammelten, stellte sich heraus, dass sich das Sammelverhalten der Bienen unterschied, je nachdem, ob sie in einem Feld heimischer oder exotischer Pflanzen unterwegs waren. Die Bienen variierten ihr Verhalten und bestätigten den Trend für höhere Spezialisierung auf heimischen Pflanzen – auch innerhalb derselben Art. Der Nachteil von exotischen Pflanzen für reine Spezialisten ist dadurch offensichtlich. Wenn Bienen an den Pollen ganz bestimmter Pflanzengattungen aus ihrer geografischen Region angepasst sind, können sie sich von Fremdlingen nicht ernähren. Die Studie zeigte jedoch auch, dass die Effekte deutlich feinstufiger sein können. Exotische Pflanzen können auch das Verhalten von Generalisten ändern. In der Erhebung verhielten sich Bienen zum Beispiel deutlich wählerischer bei ihren Blütenbesuchen auf heimischen im Vergleich zu exotischen Blühern.

Exotische Pflanzen können somit sowohl die Zusammensetzung der lokalen Bienengemeinschaften als auch das Sammelverhalten der Bienen bei der Nahrungssuche ändern. Welche Auswirkungen das für die Gesundheit der Bienen hat, ist bisher unklar. Trotz der bestehenden Unsicherheiten können exotische Pflanzen aber eben auch einer sehr vielfältigen Bienengemeinschaft Nahrung bieten. Für die Gärtner heißt das, dass sie auch Blühmischungen mit exotischen Pflanzen ruhigen Gewissens ausbringen dürfen. Einige Inseln davon können durchaus nützlich sein, da sie das Nahrungsangebot vergrößern. Besonders in Gebieten mit wenigen natürlichen Lebensräumen und beschränkter natürlicher Pflanzenvielfalt können Bienen und andere Bestäuberinsekten von zusätzlichen exotischen Pflanzen profitieren. Auch können die Exoten Engpässe in Blühzeiträumen heimischer Pflanzen überbrücken, erst recht wenn diese Lücken sich mit dem Klimawandel noch vergrößern. 

Bild: Jeyaratnam Caniceus/Pixabay

"Aufgrund der möglichen Veränderungen für die Bienengemeinschaften sollten die heimischen Pflanzen aber die erste Wahl für bienenfreundliche Wiesen bleiben", betonte Co-Autorin Nicola Seitz.
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ece3.6826

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