Arbeiterin, ausnahmsweise bei der Pause |
Seitlicher Querschnitt des Hinterleibs; der Stachel ist verdeckt |
Wenn
eine Arbeiterbiene oder ihr Volk bedroht ist, kann sie stechen. Alle
Arbeiterinnen sind weiblich und verfügen über einen Stachel am Ende ihres
Leibs. Der Stachel ist ein modifizierter Ovipositor, ein sogenannter Legesäbel,
also ein Legeorgan, das sich zugleich als Verteidigungswerkzeug ausgebildet
hat. Normalerweise legen Arbeiterinnen keine Eier, weil ihre Eierstöcke durch
die Pheromone der Brut unterdrückt wird. Aber wenn die Königin stirbt oder
ausgeschwärmt ist, entwickeln manche der verbliebenen Arbeiterinnen Eierstöcke
und Eizellen, die nach der Eiablage zu Drohnen heranreifen.
Bienenstachel in menschlicher Haut |
Der
Stachel verfügt über Widerhaken, die dabei helfen, die Oberfläche zu
durchdringen und zugleich den Wiederaustritt verhindern. Normalerweise bleibt
der Stachel zurück, wenn ein Mensch gestochen wird. Aber bei anderen Opfern ist
das nicht immer der Fall, je nachdem, welche Textur die angegriffene Fläche
hat. Königinnen ziehen ihre Stachel immer wieder ein, weil ihre Widerhaken
deutlich kleiner sind.
Der britische Imker und Hobby-Bienenforscher David
Cushman beschreibt die rein mechanische Aktion des Stiches wie folgt:
"Wenn
der Stich ausgeführt wird, ziehen die Muskeln, die die Rumpfringe verbinden,
den Hinterleib nach unten. Der Muskelstrang auf der Bauchseite zieht sich dafür
zusammen, was dazu führt, dass die Ringe sich dort stärker überlappen.
Rückseitig werden zugleich Muskeln gestreckt, so dass die Membran zwischen den
Ringen zum Vorschein kommt. Beide Bewegungen führten zu einem abgewinkelten
Hinterleib, der es dem Furculamuskel überhaupt ermöglicht, den Stachelschaft zu
aktivieren. So steigt die Sicherheit, dass der Stachel relativ senkrecht in die
Haut des Opfers eintaucht. Ein senkrechter Stich ist am wirkungsvollsten, weil
das Gift tiefer eindringt und der Weg durch die zähe Außenhaut am kürzesten
ist. Die Kraft aus den Beinen der Biene, die Bauchmuskeln und der Effekt der
Widerhaken, die der Stachel in alle Richtungen ausbildet, summieren sich zu
einem machtvollen Stoß, der einen Stich durch die Haut ermöglicht."
Animation eines Stachels einer Arbeiterin |
"Wenn
die Biene den Stachel ausfährt, wird zugleich Gift aus der Blase in den
Hauptkanal gepumpt. Diese verfügt über einen schirmähnlichen Sammler und ein
Ventil, das die Flüssigkeit in der Blase zurückhält. Das abgepumpte Gift fließt
durch den Kanal und wird durch die beiden aneinander reibenden Stechborsten
herausgedrückt."
Querschnitt des Stechmechanismus' |
Animation des Giftflusses bei einem Bienenstich. Bild: StatedClearly.com |
"Das
ist eine weitere, höchst effektive Besonderheit, weil das Gift dadurch auf eine
viel größere Fläche trifft, als wenn der Stich wie mit einer medizinischen
Nadel ausgeführt werden würde. Zudem aktiviert bereits eine kleine Menge Gift
das Organ an der Stachelspitze, das ein Pheromon ausschüttet, mit dem zum
frühest möglichen Zeitpunkt ein Duftalarm an andere Honigbienen ausgegeben
wird."
Stachelspitze einer Arbeiterin inklusive Stechborsten, Ansicht von unten |
Die zwei
Stechborsten bewegen sich entlang des Stachels. Während die Widerhaken der
einen Borste den Stachel vom Herausziehen abhalten, dringt die andere Borste
tiefer in den Körper des Opfers ein (jeweils um 0,1 mm). Die zweireihig
angeordneten Widerhaken sind in gebogenen Linien angebracht, so dass der
Stachel sich im Uhrzeigersinn und mit einer Rotation von etwa acht Grad unter
die Haut des Opfers schraubt.
Die
meisten Menschen, die sich für Bienen oder Makrophotografie interessieren,
haben sicher schon Bilder von stechenden Bienen gesehen. In Kathy Keatley
Garveys Fotosequenzen ist zum Beispiel der lange Todeskampf eines Tiers zu
sehen: Als sie versucht, wegzufliegen, bleibt ihr Stachel in der Haut ihres
Opfers fest verankert und reißt ihr sogar noch innere Organe aus dem
Hinterleib. Imker tendieren dazu, Bienenstiche einfach wegzustecken. Aber sie
wissen genau, was passiert.
Das Bild
zeigt das Offensichtliche: Diese Arbeiterin wird den Stich nicht lange
überleben. Das komplette Stachelorgan, die Giftblase, die Muskulatur, Nerven
und sogar Teile ihres Verdauungsapparats werden herausgerissen, wenn sie
wegfliegt oder abgenommen wird. Den Menschen (wenn sie nicht allergisch sind)
soll der mit dem Stich verbundene Schmerz eine klare Warnung sein. Für die
Bienen ist es der sichere Tod.
Text, Animationen und Bilder mit freundlicher Genehmigung
Text, Animationen und Bilder mit freundlicher Genehmigung
von Adam Tofilski, www.honeybee.drawwing.org
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