Montag, 22. Juni 2020

Blumen können Summen hören

Wissenschaftler um den New Yorker Biologen Marine Veits haben sich die Frage gestellt, ob Pflanzen Schallwellen wahrnehmen - und sogar darauf antworten. In Tests fanden sie heraus, dass Nachtkerzen schon auf ein vom Band kommendes Summen einer Biene oder dem synthetischen Klang ähnlicher Frequenzen von Insekten, Vögeln und Fledermäusen binnen drei Minuten süßeren Nektar produzierten, um ihre Chancen auf Bestäubung zu erhöhen. 


Zudem "antworteten" die Blumen sogar, indem sie mechanisch vibrierten und dabei ihre Blüte als Klangkörper einsetzten. Die Forscher belegten, dass Pflanzen durch beide Taktiken eindeutig mit ihren Bestäubern kommunizierten, aber tiefere und höhere Frequenzen ignorierten. Die Ergebnisse der Studie legten zudem nahe, dass Pflanzen auch von anderen Geräuschen beeinflusst werden, die Menschen nur die "komplexe Sprache" der Pflanzen noch nicht entschlüsselt haben.


In zahlreichen Studien wurde bereits belegt, dass Pflanzen auf Licht, Chemikalien, Berührungen und Vibrationen reagieren. Ob sie auch hören, wurde bislang nicht geprüft, obwohl Schallwellen im Tierreich eines der wichtigsten Kommunikationsmittel sind und 87,5 Prozent der Blühpflanzen auf tierische Bestäuber angewiesen sind. Allerdings sind bereits geringeres Wachstum in lauten Umgebungen und Zellveränderungen durch Schallwellen dokumentiert worden. Auch ihre Methoden, die Bestäuber länger an sich zu binden, wurden bereits erforscht: Signale durch Blütenfarben, Formen oder Gerüche sowie ihr Nektar- und Pollenangebot. Da diese Taktiken aber auch Nutznießer wie Ameisen anziehen, die im Gegenzug keine Bestäubungsleistung erbringen, lag der Gedanke nahe, dass Pflanzen sich noch etwas mehr einfallen lassen, um ihre Nützlinge zu locken.


Im Test nahmen die Forscher Geräusche von Bienen und Faltern auf. Sie testeten die Aufnahmen an über 650 Blumen, sowohl in deren natürlichen Umgebung in Israel sowie unter Laborbedingungen. Davor und danach analysierten sie den Nektar in den Blüten - und entdeckten im Refraktometer die sehr viel höhere Zuckerkonzentration nach dreiminütiger Beschallung. Im Durchschnitt stieg der Zuckergehalt um ein Fünftel an, unabhängig davon, wie die unterschiedlichen Pflanzen währenddessen gewässert wurden. 


Die vibrierenden Antworten der Pflanzen wurden mit einem Laservibrometer gemessen. Sie fielen ungleich höher aus, wenn die Frequenzen der Bienen, Hummeln und Motten abgespielt wurden, als bei Schallwellen von Vögeln oder Fledermäusen. Zugleich belegte die Studie, dass durch die Mechanismen mehr Bestäuber angelockt wurden. Da Bienen schon einen Zuckergehalt von nur einem Prozent wahrnehmen, schwärmten sie mehr für die Pflanzen mit süßerem Nektar. Ihr Aufkommen je Quadratmeter steigerte sich um das Neunfache, wenn die Gratifikationen ausgeschüttet wurden. 

Vor einigen Jahren hatten US-Forscher bereits nachgewiesen, dass die Acker-Schmalwand ihre chemischen Abwehrmechanismen gegen Schädlinge hochfährt, wenn sie Kaugeräusche von Raupen wahrnimmt.

Quelle: Wiley Online Library, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ele.13331

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