Hochbetrieb im Bienenstock: Im scheinbaren Chaos wuseln die Honigbienen durcheinander. Doch einige der Bewegungen verstecken eine wichtige Information: Durch einen Tanz erklären erfolgreiche Sammlerinnen nach der Rückkehr, wo sie fündig geworden sind, ein heißer Tipp für alle anderen.
Die Dauer von diesem Schwänzeltanz verrät, wie weit das Futter entfernt ist. Und an der Ausrichtung des Tanzes erkennen die anderen, in welche Richtung sie fliegen müssen. Patrick Kohl von der Universität Würzburg erforscht diesen Schwänzellauf der Honigbienen: "Man darf sich das jetzt nicht so vorstellen, als wäre das eine genaue Koordinatenangabe. Bei der Kommunikation gibt es auch bei uns Menschen immer einen gewissen Fehler."
Trotzdem ist der Tanz genau genug, um die Kolleginnen an den richtigen Ort zu lotsen.
Bienen beim Schwänzeltanz. Imago |
Für die Entschlüsselung dieser Art der Kommunikation hatte Karl von Frisch 1973 den Nobelpreis bekommen. Und er war es auch, der als erster Unterschiede in den Tänzen entdeckte. Die Unterschiede in der Tanzsprache nannte er Dialekte. Bereits in den 40er-Jahren hatte Karl von Frisch entdeckt, dass unterschiedliche Bienenarten auch unterschiedlich kommunizieren: Vor allem die Schwänzeldauer bei ansteigender Distanz verläuft bei verschiedenen Unterarten unterschiedlich schnell.
Professor Karl von Frisch (1886 - 1982). Imago |
Ob es diese Dialekte aber wirklich gibt, darüber waren sich die Forscher lange nicht einig. Patrick Kohl und seine Kollegen konnten das jetzt in einer Studie beweisen.
In Indien arbeiteten die Forscher mit drei unterschiedlichen Honigbienenarten, deren Stöcke nacheinander an der gleichen Stelle platziert wurden. Die Wissenschaftler gewöhnten die unterschiedlichen Bienen an künstliche Futterstellen, deren Distanz zum Bienenstock veränderten sie nach und nach. So konnten sie sicher gehen, dass alle Bienen die gleiche Testbedingungen hatten.
Unterschiedliche Lebensbedingungen scheinen wohl die Entwicklung bestimmter Dialekte der Bienensprache zu beeinflussen. Imago |
Mit Videokameras nahmen sie dann den Schwänzeltanz der Bienen auf und werteten ihn am Computer aus. Das Ergebnis zeigte klare Unterschiede: "Bei der östlichen Honigbiene steigt die Schwänzeldauer beispielsweise ganz schnell an. Bei 100 m Entfernung dauert das Schwänzeln nur eine halbe Sekunde, bei 400 m Entfernung dauert es schon zwei Sekunden. Und jetzt zum Vergleich bei der Riesenhonigbiene: Bei 100 m dauert der Schwänzellauf auch eine halbe Sekunde, aber bei 400 m dauert der nur eine Sekunde", erklärt Patrick Kohl.
Der Grund für diese Unterschiede könnte eine Anpassung an die Lebensbedingungen sein. Denn, um die Information an die anderen Bienen weiterzugeben, haben die Sammlerinnen nicht ewig Zeit. Im Bienenstock ist viel los, damit die Zuschauerinnen folgen können, muss man sich kurzhalten.
Bienenarten, die häufig weite Strecken zurücklegen, können also nicht ausführlich und genau die Distanz tanzen. Bei ihnen bedeutet "zwei Sekunden tanzen" eine andere, eine weitere Strecke als bei Arten, die nicht so weit fliegen - eine Anpassung an die Umwelt.
Bienen sprechen Dialekt. Deshalb sollten Bienen auch möglichst nur regional eingesetzt werden. Imago |
Patrick Kohl und seine Kollegen konnten aber auch zeigen, dass sich diese Dialekte nicht nur zwischen unterschiedlichen Honigbienenarten entwickelt haben: "Wenn wir den Tanz hier von Bienen aus Mitteleuropa vergleichen mit dem Tanz von Bienen aus Südafrika, dann gibt es da große Unterschiede, obwohl sie zur gleichen Art gehören. Aber auch schon zwischen Bienen, die nördlich der Alpen wohnen, und Bienen aus Italien gibt es Unterschiede."
Für den Doktoranden hat die Erforschung der Bienensprache aber auch einen ganz praktischen Aspekt. Auf der Suche nach der perfekten Honigbiene würden von Imkern auch Unterarten gekreuzt, die an völlig unterschiedliche Umgebungen angepasst sind - die demnach auch andere Dialekte sprechen, beziehungsweise tanzen. "Durch das einfache Kreuzen von Bienen, die lange nichts miteinander zu tun hatten, kann man eben diese ganze Tanzsprache eventuell zerstören. Und das wäre etwas sehr Trauriges, würde ich sagen." Patrick Kohl appelliert daher dafür, nur regionale Honigbienen einzusetzen, die an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst sind.
Autorin: Veronika Simon
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