Samstag, 22. Oktober 2022

Computerchips aus Honig

Wissenschaftler der Washington State University entwickeln derzeit einen Computerchip aus Honig. Das Naturprodukt könnte ihrer Vision zufolge der Schlüssel zu umweltfreundlichem "Neuromorphen Computing" sein.

Illustration: Stephan Krause

Beim Neuromorphen Computing wird wie in der Bionik etwas Natürliches imitiert, in diesem Fall das menschliche Gehirn. Beim Neuromorphen Computing sollen die Computersysteme auf gleiche Weise arbeiten wie der Denkapparat, nur viel schneller. Konkret sollen dabei die Funktionen der Neuronen im Gehirn simuliert werden. Denn während das menschliche Gehirn unterschiedliche und vielfältige Aufgaben effizient erfüllt, kann eine künstliche Intelligenz bisher meist nur eine spezielle Aufgabe lösen.

Die Forscher entwickelten bislang bereits einen "Memristor" aus Honig. Das elektronische Bauelement ist etwa so dünn wie ein menschliches Haar, enthält aber bereits ökologische und funktionierende Prozessoren, die leistungsstarke, künftig auch selbst lernende elektronische Schaltungen erschließen. Ein solcher Memristor kann ähnlich wie das menschliche Gehirn Daten sowohl verarbeiten als auch speichern. Er ist de facto mit einem menschlichen Neuron vergleichbar.

Im Praxistest wurde der Memristor zwischen zwei Elektroden aus Metall platziert, um eine menschliche Synapse zu simulieren. Tests ergaben, dass das Honig-Element tatsächlich eine menschliche Synapse nachahmt. Das System konnte sich zwischen 100 und 500 Nanosekunden an- und abschalten. In einem zweiten Schritt muss nun der Maßstab drastisch reduziert werden. Ziel ist es, einen Memristor zu kreieren, der 1.000 Mal dünner als ein Haar ist. Denn laut Prognosen benötigt ein komplettes neuromorphes Computing-System mindestens mehrere Millionen Memristoren. Das menschliche Gehirn besteht aus über 100 Milliarden Neuronen mit mehr als 1.000 Billionen Synapsen.

Schon durch die ersten Test sind aber die Vorteile von Honigchips belegt: Durch dessen natürliche antibiotische Wirkung könnten Bakterien darin nicht überleben, erklärten die Wissenschaftler. Das mache die Computerchips robust. Darüber hinaus können die Memristoren einfach in Wasser aufgelöst werden, wenn sie ihr Lebensende erreicht haben. Die Bauteile seien "überaus leistungsfähig, nachhaltig und biologisch abbaubar", freuten sich die Wissenschaftler um Feng Zhao in Washington. Denn während der Supercomputer Fugaku im japanischen Kobe für seine Rechenleistung 28 Megawatt benötigt, kommen das Gehirn und vermutlich auch Memristoren-basierte Zukunftscomputer mit zehn bis 20 Watt aus. Das könne für eine digitalisierte Welt eine Revolution bedeuten. Einen Zeitrahmen, wann diese Revolution anstehen könnte, wollte Zhao aber nicht nennen. Er könne nur so viel schon sicher sagen, betonte er: "Auch bei dieser Art von Computer sollte man es vermeiden, Kaffee darüber zu schütten."

Quelle: https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1361-6463/ac585b

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