Samstag, 25. September 2021

Koffein belebt ganze Wildbienenvölker

Es gibt bereits Studien, die belegen, dass mit Koffein gefütterte Hummeln sich besser an den Geruch einer bestimmten Blume mit Nektar erinnern. Allerdings zeigten die Arbeiten bisher lediglich, dass die Wildbienen Koffein mögen und häufiger koffeinhaltige Blumen besuchen, um es zu bekommen. Eine neue Forschungsarbeit beweist, dass der Konsum von Koffein noch im Nest Wildbienen tatsächlich hilft, bestimmte Blumen in der Natur zu finden.

Biene in Kaffeeblüte

Bei Menschen gilt es als legales Doping, Espresso während des Lernens zu trinken. Die neue Studie zeigt, dass offenbar auch Bienen mit einem Schuss ihres koffeinhaltigen Lieblingsnektars besser lernen. In dem im Magazin "Current Biology" veröffentlichten Artikel erklärte Sarah Arnold, Forscherin am Natural Resources Institute der Universität im britischen Greenwich: "Wenn man Wildbienen Koffein verabreicht, machen sie nichts anderes als sonst, sie fliegen in Schleifen. Aber sie scheinen motivierter und effizienter zu sein." Daher seien sie und ihr Team der Frage nachgegangen, ob die Bereitstellung von Koffein dem Gehirn der Insekten hilft, einen positiven Zusammenhang zwischen einem bestimmten Blumengeruch und einer Zuckerbelohnung herzustellen.

Die Wahl der besten Nahrungsquelle sei für Wildbienen nicht einfach, betonte Arnold. "Für Hummeln ist die Nahrungssuche eine ziemlich herausfordernde Aufgabe, weil sie auf lange Distanzen keine gute Sicht haben." Um gute Blumen zu finden, müssten sie sich auf viele Hinweise verlassen, unter anderem etwa ihren Geruchssinn. 

Biene in Zitronenblüte

Während frühere Studien belegten, dass Pflanzen wie Kaffee und Zitrusfrüchte, in denen Koffein natürlicherweise vorkommt, Hummeln zu treuen Bestäubern ihrer Blüten machten, waren die Studien hauptsächlich darauf ausgelegt, den Tieren Koffein an der Blüte selbst zu geben. Dieses Setup machte es schwer, die wirkliche Rolle zu bestimmen, die das Koffein für Wildbienen spielt: Haben koffeinhaltige Hummeln tatsächlich ein besseres Gedächtnis oder nur ein Verlangen nach Koffein? Sarah Arnold beschloss daher, den Wildbienen bereits im Nest Koffein zu geben, während sie lernten, einen bestimmten Geruch - eine synthetische Mischung, die den Duft einer Erdbeerblüte nachahmte - mit einer Zuckerlösung zu assoziieren. 
Wenn die Hummeln später beim Sammeln die nach Erdbeeren duftenden Blumen auswählten, erhielten sie dagegen einen zuckerhaltigen, aber entkoffeinierten Nektar.

86 Hummeln wurden für den Test in drei Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe wurde mit dem Erdbeergeruch und einer koffeinhaltigen Zuckerlösung darauf vorbereitet. Die zweite Wildbienengruppe erhielt den Erdbeerduft und die Zuckerlösung, so dass sie die positive Assoziation zwischen den beiden lernen konnten, aber ohne den Koffeinschub. Der dritten Hummelgruppe wurde Zuckerlösung ohne verbundenen Duft zur Verfügung gestellt. In einer Flugarena wurden die einzelnen Hummeln dann freigesetzt. Dort konnten sie zwischen zwei Arten von Roboterblumen wählen - entweder Blumen mit dem Erdbeerduft, dem sie schon ausgesetzt waren, oder Ablenkerblumen mit einem anderen Geruch.

Wenn sie keinen positiven Zusammenhang zwischen dem Duft der Erdbeerblüte und der Nektarbelohnung erfahren hätten, besuchten Hummeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung zufolge beide Blumenarten gleichermaßen. 70,4 Prozent der koffeinhaltigen Wildbienen besuchten jedoch zuerst die Erdbeerblüten - also viel mehr als der Zufall es gebieten würde. Im Vergleich dazu entschieden sich 60 Prozent der Hummeln, denen Erdbeergeruch und Zucker, aber ohne Koffein verabreicht wurden, und 44,8 Prozent derer, die nur Zucker erhielten, zunächst für die Erdbeerblüten. Dies deutet darauf hin, dass Koffein die Fähigkeiten der Tiere spürbar verbesserte, eine Erdbeerblüte an ihrem Geruch zu erkennen und sich daran zu erinnern, dass sie den gewünschten Nektar enthält.

Erdbeerblüte

Allerdings hielt die Vorliebe nicht lange an. Die koffeinhaltigen Hummeln überwanden schnell ihre frühe Vorliebe für Erdbeerblüten und begannen fast ebenso wie die anderen, auch die andere Blumenart zu besuchen. "Auch das hatten wir erwartet, denn die Hummeln bekamen Zucker - egal ob sie die Zielblume oder die Ablenkerblume besuchten", erklärte Studienleiterin Arnold. "In gewisser Weise verlernen Hummeln genauso schnell wie sie lernen..."

Unerwartet war dagegen die Erkenntnis, dass Koffein einen subtilen Einfluss auf die "Handhabungsgeschwindigkeit" der Wildbienen oder die Anzahl der Blumen hatte, die sie in einer bestimmten Zeit besuchten. Alle Tiere wurden im Lauf der Zeit schneller, aber die Koffeinbienen verbesserten sich am schnellsten. - Was darauf hindeutet, dass Koffein auch die motorischen Lernfähigkeiten verbessern kann.

Für die Landwirtschaft habe die Studie riesige Auswirkungen, sagte Arnold. Denn Erdbeerbauern kauften alljährlich Dutzende oder sogar Hunderte Kolonien mit Bestäuberhummeln, von denen viele möglicherweise zu benachbarten Wildblumen abwanderten. Wenn diesen Tieren aber beigebracht würde, die Ernte mit Koffein zu bevorzugen, könnten echte Wildbienen sich auf die Wildblumen konzentrieren, während die kommerziell vertriebenen Hummeln den Züchtern tatsächlich die Erdbeeren bestäubten: "Es ist eine Win-Win-Lösung für alle."

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